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von Jana Walter
Unser Gesundheitssystem und unsere Marktwirtschaft kränkeln – und mit ihnen auch immer mehr Ärzte. Mittlerweile leidet mindestens jeder 5. Arzt am Burnout Syndrom. Darunter wird ein seelischer und körperlicher Erschöpfungszustand verstanden, der mit dem Verlust der eigenen Persönlichkeitswahrnehmung (Depersonalisation) und dem Gefühl, nicht leistungsfähig genug zu sein, einhergeht. Die Einstellung zum Beruf wird negativ, Effizienz und Arbeitsleistung lassen nach, der Umgang mit Patienten und Kollegen wird distanziert bis zynisch, Schuld haben andere, die Unlust an der Arbeit steigt, Unzufriedenheit, Erlebnisverarmung und Verengung der psychosozialen Kontakte unterhalten die Erschöpfungsmuster. Im Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung sind Ärzte laut der Zeitschrift MMW * mit ihrem Leben unzufriedener. Sie bewerten vor allem die Bereiche Familienleben und Kinder, Einkommen und finanzielle Sicherheit, sowie Freizeitgestaltung und Hobbys als nicht zufrieden stellend. Neben fehlender Anerkennung für berufliche Leistungen, werden auch die schwierigen Weiterbildungsmöglichkeiten bemängelt. Mentoring und Beratung durch Vorgesetzte sind selten und oftmals schlecht. Für die die Eigenmotivation zu selbstorganisiertem, lösungsorientiertem Handeln wie Selbsterfahrungsgruppen, Balintarbeit oder Supervision fehlt es häufig an ärztlichen Vorbildern. Das macht es vor allem Berufseinsteigern schwer, sich zurecht zu finden. Viele Jungärzte fühlen sich durch unzureichende praktische Vorbereitung und Anleitung überfordert. Hinzu kommen widrige Arbeitsplatzbedingungen (zu wenig Personal), hohe Arbeitszeit (bis zu 80 h / Woche) und schlechte Bezahlung. Das Ungleichgewicht zwischen Einsatz und Belohnung produziert Stress und schließlich das Burnout Syndrom. Das Ausweichen in andere (alternative) Berufsfelder oder ins Ausland ist oft die Folge. Wer sich trotzdem durch den Arztalltag boxt, läuft Gefahr sich dauerhaft zu überlasten. Depressionen, Selbstmedikation und Alkoholabhängigkeit können folgen. Laut Statistik liegt die Zahl der Ärzte, die an Abhängigkeitserkrankungen (Medikamente, Alkohol…) leiden, bei bis zu 15 %. Selbstmordgedanken bzw. –versuche hätten laut einer Umfrage** mehr als 2 % der Befragten schon einmal gehabt. Bei Alkohol liegen die Werte sogar noch höher – bei rund 13 %, so die MMW. Zahlen, die erschrecken und zum Nachdenken und Gegenlenken anregen sollten. Mehr Selbstbestimmtheit im Arztberuf, mehr Anerkennung für die geleistete Arbeit, strukturierte Weiterbildungsmöglichkeiten, klare sinnbezogene, persönliche und berufliche Planung sowie Laufbahnberatung durch Vorgesetzte sind nur einige realisierbare Punkte.
* Zeitschrift MMW – Fortschritte in der Medizin“ Nr. 23 / 2008, 150. Jg. **Psychiatriekongress 2006 in Berlin und Intensivmedizinerkongress 2006 in Hamburg
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