Epigenetik

Denken steuert die Gene

Dr. Bruce Lipton

im Interview

Timm: Sie beschreiben in Ihrem neuen Buch “Spontane Evolution“, warum die Dinosaurier ausgestorben sind. Aber welche Gründe liegen vor, dass Krokodile als Archosaurier („Herrscherreptilien“) bis heute überlebt haben? Bilden die Bereitschaft zur Aggression, Selbstbewusstsein, Selbsthilfe, Ich-zentriertes Anpassungsvermögen und fehlende moralische Vorstellungen die Kernfaktoren für das Überleben, die Langlebigkeit und Schutz vor Störungen des Immun-systems wie beispielsweise Krebs- oder Viren-Erkrankungen?
Lipton: Das Verhalten in unserer Gesellschaft beruht auf dem Glaubensgrundsatz von Charles Darwin, dass alles auf Gewalt basiert und wir uns immer im Überlebenskampf befinden. Aber das ist nicht wahr! Es ist sehr wichtig für unsere Gesellschaft zu realisieren, dass Darwin mit seiner Kernaussage „Überleben des Stärksten“ falsch lag. Ich möchte dies anhand eines Beispiels verdeutlichen: Es ist sicherlich richtig, dass ein Löwe eine Gazelle jagt und frisst. Aber wie viele Gazellen bewegen sich in der Herde? 200? Die meisten Gazellen laufen nicht um ihr Leben, wenn sie den Löwen bemerkt haben, wie er die Herde umkreist. Sie wissen, dass ihnen nichts passieren wird – und warum? Weil sie nicht die schwächsten Exemplare sind. Die einzige Gazelle, welche sich fürchten muss, ist die schwächste. Dies stimmt mit der ursprünglichen Evolutionstheorie von Alfred Russel Wallace überein, welcher von der „Eliminierung des Schwächsten“ sprach. Alfred Russel Wallace´s Theorie sollte aber nie die Anerkennung finden, weil Darwin, welcher aus der Oberschicht stammte, die vorliegende Theorie von Wallace übernahm, aber insoweit abänderte, dass die Oberschicht ihr Verhalten, sich nicht um die „normale Schicht“ kümmern zu müssen, rechtfertigen konnte. Die betriebenen Studien wurden der gesellschaftlichen Struktur angepasst. Zurück zu unserem Beispiel: Nachdem der Löwe die schwächste Gazelle erlegt hat, wird er sich die nächsten paar Tage ausruhen und keine weitere Gazelle jagen. Was aber bekommen wir im Fernsehen zu sehen? Den Löwen, der unablässig um die Herde kreist, und eine Gazelle nach der anderen jagt. Wenn Sie zwischen zwei Welten, entweder „Überleben des Stärksten“ oder „Eliminierung des Schwächsten“, auswählen könnten, in welcher Welt würden Sie leben wollen? Ich würde die Welt der „Eliminierung des Schwächsten“ bevorzugen, da es leichter ist, nicht der Schwächste zu sein als immer der Stärkste sein zu müssen, ständig in einem Wettstreit zu leben. Evolution basiert nicht auf Wettstreit, sondern auf dem Gegenteil – der Kooperation.

Timm: Krokodil vs. Menschlichkeit? Wenn die Menschen jederzeit in Frieden und Harmonie gelebt hätten, hätte es überhaupt eine Notwendigkeit für die Evolution gegeben?
Lipton: Da der Mensch über die Fähigkeit des Denkens verfügt, muss er die Notwendigkeit der Weiterentwicklung in der derzeitigen Situation erkennen. Wir können alle dasitzen und sagen, die Welt ist nicht wirklich gut im Moment. Aber wir werden an den Punkt kommen, an dem wir, wenn wir wie gewohnt die Dinge weiter und weiter aufschieben, alle sterben werden. Da wir aber intelligente Wesen sind, sollten wir jetzt beginnen, die Welt zu verändern. Unsere Regierungen unterstützen dies nicht, auch hier greift das Darwin-Prinzip der bevorzugten Rassen. Jedes Land hat seine eigenen bevorzugten Rassen und Rassen, die absolut abgelehnt werden. Darüber bekam das Buch von Darwin eine politische Dimension: „Töte sie, bevor sie dich töten“. So haben die Regierungen über das Buch ihre Politik und die Lebensgestaltung geschaffen. Aber Darwin lag falsch. Die Theorie ist nicht richtig, trotzdem wird sie bis heute gelehrt und die Gesellschaft ist darauf aufgebaut und orientiert sich daran. Gewalt in dieser Form ist nicht akzeptabel, insbesondere nicht, wenn man an der Spitze der Nahrungskette steht. Wir müssen die Geschichte ändern.

Timm: Essenziell für ein Leben in Harmonie ist die richtige Umwelt...
Lipton: Man muss lernen mit der Umwelt umzugehen und das ist das Problem mit den Menschen. An erster Stelle steht die Kirche, an zweiter Stelle die Wissenschaft. Die Kirche sagt, Gott hat die Welt erschaffen und der Mensch hat die Herrschaft über alles, so kann er tun, was immer er möchte. Die Wissenschaft sagt, der Mensch ist rein zufällig auf der Erde und kann insofern tun, was immer er möchte. Er ist nicht mit der Erde verbunden. Aber das ist falsch. Alles ist mit allem

Das Buch zur DVD

"Nicht unsere Gene, sondern unsere Überzeugungen steuern unser Leben", erklärt der Stammzellforscher Bruce Lipton, Ph.D. auf DVD und Buch und demaskiert den mancherorts verordneten genetischen Determinismus als das was er scheint: gestrig, bequem und nicht ungefährlich.

REZENSION
Bruce Lipton: Wie wir werden, was wir sind (DVD)
Koha-Verlag, ISBN 978-386728-104-1

In dieser Abhandlung über das „Geheimnis des Lebens” führt der renommierte Embryologe und Histologe Bruce Lipton in sehr anschaulicher und verständlicher Weise durch die Irrungen und Wirrungen konventioneller Zellbiologie hin zu den neuesten Forschungsergebnissen der Bedeutung von Wahrnehmung aus der Umwelt aufgenommener Signale sowohl auf zellulärer Ebene wie für das Individuum als Gesamtorganismus.
Ausgehend von dem um 1650 aufgestellten Leitprinzip der Wissenschaft „Wissen sammeln, das nützlich ist, um die Natur zu beherrschen und zu steuern” erläutert er den historischen Ablauf der Herangehensweise der wissenschaftlichen Aktivitäten an das „kollektive Amöbenbewusstsein” Mensch. Die Steuerung wurde einerseits im Außen (Spiritualisten – Vermittlung – Umwelt), andererseits im Innen (Mechanisten – Veranlagung – Gene) gesucht. Durch das 1859 entstandene Werk von Charles Darwin über die Entstehung der Arten richtete sich fortan das Augenmerk auf die materialistische Ebene der Genetik. Nach über 100 Jahren Forschung wurde der genetische Determinismus (DNA – RNA – Protein) als zentrales Dogma postuliert und dadurch der Mensch zum Opfer seiner Erbanlagen degradiert. Um diese „unantastbare Wahrheit” zu untermauern und den genetischen Code vollständig zu entschlüsseln, wurde 1989 das Projekt des menschlichen Genoms ins Leben gerufen. Das 12 Jahre später feststehende Ergebnis stand allerdings absolut konträr zur zugrunde gelegten Theorie: Anstelle von 140.000 Genen, welche von der Theorie her erwartet wurden, konnten lediglich 34.000 Gene gefunden werden, wodurch auch das Bild des Menschen der konventionellen Medizin als „biochemische Maschine gesteuert durch Gene” widerlegt wurde. Denn nicht das Gen, sondern das Signal gesteuerte Protein (von denen bisher je nach Aufbau der Aminosäuren über 250.000 gefunden wurden)